Am nächsten Morgen ist Shiraz erreicht, die Stadt der Rosen und Nachtigallen. Ihr neues Bahnhofsgebäude wurde ins Nichts der Wüste gebaut und wirkt wie ein gestrandetes Ufo. Das iranische Eisenbahnnetz mit seinen rund 8.500 Schienenkilometern verbindet ca. 50 Ortschaften. Die Frequenz der Züge ist häufig gering, manche Strecken werden nur zweitägig angeboten. Über ein befestigtes Straßennetz von rd. 160.000 Kilometern können auch entlegenere Regionen erreicht werden. Die von diversen Gesellschaften betriebenen Buslinien sind daher eine vielgenutzte Alternative. Wenn der eine oder andere Bus zuweilen ausfällt, kann der Daumen in den Wind gehalten werden.
Auf diese Weise vergehen an der Raststätte von Anarak keine fünf Minuten bis der Fahrer eines Sattelschleppers stoppt. Razul fährt nach Isfahan und nimmt Fahrgäste bis Na’in mit. Auf der Ladefläche transportiert er einen tonnenschweren Steinklotz. Vor ihm, in einer kleinen Versenkung, findet der Rucksack sicheren Stauraum. Kaum hat der LKW die Fahrt wieder aufgenommen, serviert der Gastgeber heißen Tee und Kekse, auch wenn sein Gefährt dabei bedenklich ins Schlingern gerät. Gastfreundschaft ist in die iranische DNA eingebrannt. Proviant wird immerfort geteilt und angeboten. In Bussen, Zügen und LKWs.
Wenige Minuten später zeigt Razul auf ein Schild am Rand der Straße: Speed Control. Und ergänzt: „Many“. Zudem fallen die vielen Polizeistationen entlang der Fernstraßen auf. Ob sich damit Unfallzahlen senken lassen? Noch 2013 verzeichnete der Iran mit 34 Unfalltoten je 100.000 Einwohner die weltweit dritthöchste Todesrate. Unser Gastgeber ist ein besonnener Fahrer. Auch Busse halten sich weitestgehend an die Geschwindigkeitsvorgaben. Nur Taxis und Privatleute rasen zuweilen, als gäbe es kein Morgen.
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Text: Sarah Paulus
Fotos: Rolf G. Wackenberg